Das Verbundprojekt UmWeltWandel

„Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen.“ Umweltveränderungen und Lebensweise im Zentraloman im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr.

Die arabische Halbinsel ist archäologisch erst wenig erforscht. Obwohl sie zu den trockensten Regionen der Welt gehört, gab es im östlichen Teil, der heute hauptsächlich vom Sultanat Oman eingenommen wird, bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit. Wie es den Menschen damals gelungen ist, sich an die marginale Umwelt anzupassen, ist aber bislang nicht bekannt. Insbesondere fehlt eine präzise chronologische Differenzierung der Umweltveränderungen im Zentraloman, vor allem in Bezug auf die Verfügbarkeit von Wasser und die Vegetationsdynamik. Damit ließen sich Zusammenhänge zwischen der Lebensweise der Menschen, der Subsistenz sowie fehlgeschlagenen oder erfolgreichen Nachhaltigkeitsstrategien auf der einen und der fragilen Umwelt auf der anderen Seite herstellen.

Im Verlauf dieses neuen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit dem 1. November 2020 im Rahmen seiner Förderrichtlinie „Kleine Fächer – Zusammen stark“ geförderten Verbundprojektes, an dem neben Tübingen Projektpartner in Mainz, Frankfurt und Göttingen beteiligt sind, werden vier Jahre lang mittels verschiedener naturwissenschaftlicher und archäologischer Methoden die Umweltveränderungen und die Lebensweise der Menschen im Zentraloman im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. untersucht. Dabei sollen umfassende Daten zu den Umweltbedingungen erhoben und ausgewertet sowie mit bekannten historischen Ereignissen dieser bedeutenden Epoche verknüpft werden. Zum Multiproxy-Ansatz des Projektes zählen die Analyse von Phytolithen, Pollenkörnern, Samen und Holzkohle zur Bestimmung der Pflanzenwelt, die Untersuchung von Schneckengehäusen, was Rückschlüsse auf saisonale Niederschlagsveränderungen und Temperaturen zulässt, sowie geomorphologische Analysen, die die Entwicklung von Umweltressourcen, besonders Wasser, und die Anpassung der Gesellschaft darauf erarbeitet. Auch der Eingriff des Menschen in das Ökosystem und damit die Interaktion zwischen ihm und seiner Umwelt spielt eine wichtige Rolle. Als Ergebnisse des Verbundprojektes werden sich innovative Einsichten in die bronzezeitliche Landschaft und wertvolle Erkenntnisse über Nachhaltigkeitsstrategien der Menschen im Zentraloman versprochen. Durch dieses Wissen sollen insbesondere die Ursachen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Lebens- und Subsistenzformen einerseits und den Umweltbedingungen in der Region andererseits nachvollzogen werden.

Das Projekt richtet sich nicht nur an das Fachpublikum, sondern auch an die Öffentlichkeit. Auf dieser Projektwebseite werden fortwährend Bildmaterial und Texte über die gewonnenen Ergebnisse zusammengestellt, die auch für Nicht-Fachleute verständlich sind. Zudem gibt das Projekt Denkanstöße zu den aktuellen Debatten Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit und möchte auf diese Weise zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Situation von heute anregen. In diesem Zusammenhang soll auch die Rolle von mobilen Gruppen in semiariden Regionen der Welt thematisiert werden, die häufig unter Unterdrückung leiden, aber über ein wertvolles, über viele Jahrtausende hinweg gesammeltes Wissen zum Umgang mit knappen, lebensnotwenigen Ressourcen und sich ändernden Umweltbedingungen verfügen.


Geländearbeiten – Kampagnen 2021/22:

Aufgrund von Verzögerungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie konnten die Geländearbeiten im Oman erst im September 2021 beginnen. Die erste Kampagne dauerte anderthalb Monate. Die zweite Kampagne fand von Februar bis April 2022 statt. Während beider Kampagnen wurden Surveys und Ausgrabungen sowie geomorphologische, mikromorphologische, palynologische, archäobotanische und malakologische Untersuchungen in und in der Nähe von Al-Khashbah, aber auch in einigen weiter entfernten Gebieten, wie Sint nordwestlich und die Sharqiyah Sands östlich von Al-Khashbah gelegen, durchgeführt. Zu den Teams gehörten Lucas Proctor, Katharina Schmitt, Tara Beuzen-Waller, Peter Kühn, Dana Pietsch, Frank Schlütz, Hermann Behling, Antonia Reinhardt, Mirjam Löffler, Edgar Jehle, Nico Rogalski und Conrad Schmidt.

In der zweiten Septemberhälfte 2021 startete das Team mit einer qualitativen Erhebung der rezenten Vegetation und Landformen. Al-Khashbah liegt in einer weiten alluvialen Schwemmebene, wo heute durchschnittlich 96 mm Niederschlag im Jahr fallen. Allgemein besteht die lokale Vegetation aus xeromorphen Busch-/Waldgebieten und Uferpflanzen in aktiven Wadiarmen. In der Nähe des Dorfes befinden sich Akazien- und Prosopisbäume. Mehrere, lokal eng begrenzte Vegetationszonen wurden definiert:

1) „Überweidete Akazien-Prosopis-Pseudosavanne.“ Diese Vegetation befindet sich auf den pleistozänen und holozänen Alluvialterrassen innerhalb und neben dem Wadi Samad (Abbildung 1).

2) „Trockene Uferzone“. Diese Vegetation stellt einen Übergang von der ersten Vegetationszone innerhalb der Kiesterrassen und aktiven Wadiarmen des Wadi Samad dar.

3) „Feuchte Uferzone“. Diese Vegetationszone wurde häufiger im Wadi Andam westlich des Untersuchungsgebiets beobachtet, wo semi-permanente Wasserbecken im Wadi das Wachstum einer größeren Anzahl von Pflanzenarten ermöglichen (Abbildung 2).

4) „Euphorbia-Plocama-Buschland.“ Diese Zone ist durch strauchige Vegetation gekennzeichnet, die kleine, kürzlich aktive Wadiarme umgibt.

5) „Xerische Hangvegetation“ Die Vegetation wird zunehmend spärlicher auf kolluvialen Hängen und pleistozänen Terrassen im Umfeld der Wadis.

6) „Anthropogene Oasenvegetation“ Diese Vegetation besteht aus einer Vielzahl von Ruderalpflanzen, wie Obstbäumen, Feldfrüchten und Unkräutern, die zwischen den Häusern im Dorf wachsen (Abbildung 3).

Abbildung 1: Beispiel für die „überweidete Akazien-Pseudosavanne“ an Wadirändern in der Nähe von Al-Khashbah.

Abbildung 2: Beispiel für die „feuchte Uferzone“ im Wadi Andam.

Abbildung 3: Beispiel für die „anthropogene Oasenvegetation“ in einem Palmgarten in Adam.

In Bezug auf die rezenten Landformen in der Nähe von Al-Khashbah befindet sich der Ort am Zusammenfluss des Wadi Samad und des Wadi Shuway’i. Beide sind endorheische Hydrosysteme mit ephemeren Wasserläufen. Das Wadi Samad ist ein wichtiges Hydrosystem im südlichen Piedmont des Al-Hajar-Gebirges. Seine Wasserscheide beginnt innerhalb des Al-Hajar-Al-Sharqiya-Systems, das durch homogenes Ophiolithgestein (Gabbro, Dunit, Harzburgit) gekennzeichnet und Teil des angehobenen Semail-Ophiolithblocks ist. Das Wadi Samad ist etwa 80 km lang und verläuft durch die modernen Ortschaften Al-Rawdha, Samad, Al-Khashbah, Al-Sudairah und Sinaw und verliert sich in der Nähe von Uyun / Barzaman in einer riesigen Salzpfanne. Das Wadi Shuway’i entspringt im Jebel Shuway’i, einem kleinen Gebirgszug, der sich etwa 500 bis 600 m über dem Meeresspiegel erhebt und aus Ophiolithen (Gabbro, Dunit, Harzburgit) und Basalten (Dykes) besteht. Es verläuft zunächst Richtung Süden, bevor es in das Wadi Samad mündet. Bezüglich seiner geographischen und geologischen Lage ist das Gebiet von Al-Khashbah aus mehreren Gründen hydrologisch begünstigt:

- Der natürliche Damm, der von den quer zum Wadi Samad verlaufenden Hawasina-Hügeln gebildet wird, könnte für einen Anstieg des unterirdischen Wasserspiegels sorgen.

- Die Begrenzung der oberirdischen Abflüsse des Wadi Samad auf schmale Lücken kann das Volumen des oberirdischen Ablaufs lokal erhöhen.

- Der lithologische Kontakt zwischen dem Ophiolithsystem und den Kalkstein/Hornstein-Hügeln der Hawasina-Formation könnte das Entstehen von Quellen und Grundwasser begünstigen.

Im Wadi Andam und im Wadi Samad wurden drei quartäre, alluvial abgelagerte Landformen identifiziert, die mit 1 bis 3, entsprechend der Topographie (von den höchsten zu den niedrigsten) und ihrem potenziellen Alter, bezeichnet werden. Diese drei Hauptebenen können lokal in Unterebenen unterteilt werden. Der Begriff „Terrasse“ wird verwendet, wenn das antike Alluvium sichtbar eingeschnitten ist im Gegensatz zum antiken Alluvium, das mit T1 für die ältesten, T2 für die mittleren oder T3 für die jüngsten Ablagerungen zusammenhängt.

- Hochterrassen/T1-alluviale Ablagerungen: früh- bis mittelpleistozäne Flussterrassen.

- Mittlere Terrassen/T2-alluviale Ablagerungen (oder ausgedehnte versteinerte Schwemmebene im Wadi Samad): spätpleistozäne fluviale Ablagerungen/Terrassen, die vermutlich mit der späten Zwischeneiszeit zwischen 115.000 und 90.000 BP in Verbindung stehen.

- Niedrige Terrassen/T3-alluviale Ablagerungen: Holozäne fluviale Ablagerungen/Terrassen, die möglicherweise mit der holozänen Pluvialphase zwischen 8.000 und 6.000 BP in Verbindung stehen.

Im Wadi Samad liegen die höchsten Terrassen gut exponiert (T1), sind aber isoliert im Osten des Tals, an der Nordflanke des Jebel al-Khashbah. Der Hauptteil der versteinerten Schwemmebene wird von T2-Ablagerungen eingenommen, die hauptsächlich aus einer alluvialen Schicht bestehen, die außergewöhnlich stark von Paläokanälen oder rezenten Wadiarmen durchzogen ist (Abbildung 4). Die Topographie der alluvialen T2-Ablagerungen ist kaum sichtbar, aber der Grad des Wüstenlacks auf den Kieselsteinen der alluvialen Ablagerungen/T1, T2, T3 variiert stark. Die niedrigen Terrassenebenen/T3-Ablagerungen befinden sich in der Nähe rezenter Wadikanten, oft einen Meter über dem heutigen Wadibett eingeschnitten. Nach einer ersten vorliegenden Altersbestimmung hängt die alluviale Ablagerung dieser Schicht mit höheren Flussdynamiken während der holozänen Regenzeit zusammen.

Abbildung 4: Mittlere Terrasse, durchschnitten von einem rezenten Wadiarm (links) und flache Verbindung zwischen T2-Ablagerungen und einer aktiven Schwemmebene (rechts).

Für den westlichen Teil des Untersuchungsgebiets wurde eine Karte der quartären Landformen erstellt. Die Untersuchung des östlichen Teils ist für die Kampagne 2023 vorgesehen. Die Karte basiert auf Google Earth und GPS-Daten, die während der Geländearbeiten aufgenommen wurden (Abbildung 5). Die niedrigen Terrassen/T3-Ablagerungen sind auf den Satellitenbildern kaum zu erkennen, können aber im Feld leicht ausgemacht werden. Die Karte zeigt die vorläufigen Ergebnisse der Arbeit der Kampagne 2021 und wird in den kommenden Jahren präzisiert und erweitert werden.

Abbildung 5: Vorläufige Karte der quartären Landformen in Al-Khashbah.

Auf der Basis der bei der Kartierung der quartären Landformen identifizierten Einheiten wurden mithilfe eines Baggers in mehreren Gebieten des westlichen Teils von Al-Khashbah acht Sondagen angelegt. Die Ziele dieser Sondagen sind 1) die Verfeinerung der Chronologie der alluvialen Ablagerungen der mittleren Terrassen/T2-Ablagerungen und der niedrigen Terrassen/T3-Ablagerungen, 2) die Analyse der fluvialen Sedimentabfolgen und 3) die Analyse aller möglicherweise eingeschlossenen Biomarker innerhalb dieser Sedimentabfolgen. Die Sondagen wurden sowohl für die Datenerhebung bezüglich natürlicher Prozesse als auch für die Untersuchung anthropogener Einflüsse auf die Umwelt ausgewählt.

Nach den Ausgrabungen wurde jede Sondage begradigt und gezeichnet (Abbildung 6).

Abbildung 6: Skizze eines Bodenprofils.

Darüber hinaus wurde für die meisten Sondagen eine Multiproxy-Beprobungsstrategie angewandt. Diese beinhaltet systematische Probennahmen (aller 5 cm) für Boden- und palynologische Untersuchungen, selektive Probennahmen für Bodenanalysen (in Horizonten) sowie selektive Probennahmen für anthrakologische und malakologische Untersuchungen (in Sedimentschichten). Bei jeder Sondage wurden OSL-Proben sowie Schnecken und Holzkohle (falls vorhanden) zur Altersbestimmung gesammelt. Nach der Probennahme wurden alle Sondagen wieder mit Erde verfüllt.

Im Oktober 2021 begannen Frank Schlütz und Hermann Behling mit palynologischen Untersuchungen von Sedimentarchiven, in denen Informationen über die archäologische Landschaft gespeichert sind. Von besonderem Interesse ist die ehemalige Vegetationsbedeckung durch Pollenanalyse. Artenzusammensetzung, Vegetationsdichte und deren Muster während der Bronzezeit können einerseits zeigen, welche pflanzlichen Ressourcen für die menschliche und tierische Ernährung sowie für den Bau von Gebäuden und andere Aktivitäten damals zur Verfügung standen. Andererseits spiegelt die Vegetation frühere klimatische Bedingungen wider, einschließlich Temperatur, aber insbesondere auch Niederschlag und Feuchtigkeit.

Während die Vegetation der Vergangenheit längst verschwunden ist, bleiben Informationen über ihre Zusammensetzung und Muster in Sedimenten durch erhaltene Pollenkörner, Holzkohle und Phytolithe gespeichert. Pollen werden in den Blüten der Pflanzen produziert und durch den Wind verbreitet oder von Insekten wie Bienen von einer Blüte zur anderen getragen. Bei diesem Transport fallen viele der Pollenkörner zu Boden und lagern sich dort im Laufe der Zeit zusammen mit Sedimenten ab. Solche Orte können kleine Vertiefungen, Becken oder Waditäler sein. Pollen sind sehr widerstandsfähig gegen Zersetzung. Unter dem Mikroskop untersucht, haben Pollenkörner verschiedener Pflanzengruppen ein unverwechselbares Aussehen, das es ermöglicht, Arten noch Jahrtausende später zu bestimmen (Abbildung 7 und Abbildung 8).

Abbildung 7: Mikroskop für Pollenanalysen.

Abbildung 8: Pollenkörner der Art Ruellia patula unter dem Mikroskop.

In denselben Sedimentarchiven gibt es auch Phytolithe. Phytolithe sind kleine Quarzkristalle, die im Pflanzengewebe produziert werden. Während die organischen Bestandteile von Blättern und Stängeln mit der Zeit zerfallen, können diese mineralischen Bestandteile unter günstigen Bedingungen, ähnlich wie Pollenkörner, Jahrtausende überdauern und dabei helfen, die damalige Vegetation zu rekonstruieren.

Im Rahmen der Geländearbeiten wurden Sedimentproben aus etwa 20 Fundplätzen gesammelt, um deren Eignung als geoarchäologische Archive zu testen. Die Beprobung erfolgte in der Nähe archäologischer Stätten (Abbildung 9, links) sowie auch in größerer Entfernung davon (Abbildung 9, rechts), um zu erwartende Kontraste zwischen mehr oder weniger stark vom Menschen beeinflussten Gebieten der damaligen Landschaft zu finden. Um einen Überblick über die gegenwärtige Pollen- und Phytolithenzusammensetzung verschiedener Standorte und Vegetationstypen zu erhalten, wurden auch Oberflächenproben gesammelt.

Abbildung 9: Sedimentproben für Pollen- und Phytolithenuntersuchungen innerhalb (links) und außerhalb (rechts) archäologischer Fundorte.

Um deren Qualität zu testen, werden in diesem Winter Proben im Labor in Göttingen bearbeitet. Die Menge und Qualität der extrahierten Pollenkörner und Phytolithen wird mit einem Mikroskop mit 200- bis 1000-facher Vergrößerung gemessen.

Referenzmaterial von Pollen und Phytolithen wird benötigt, um speziell im Oman vorkommende Pflanzen zu bestimmen. Dafür wurde Pflanzenmaterial (Abbildung 10) während der Geländearbeiten sowie mit Unterstützung des Oman Botanic Garden in Muscat gesammelt. Im Anschluss wird eine Referenzsammlung von omanischen Pollenkörnern erstellt, fotografiert und online als nützliches Werkzeug anderen Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt.

Abbildung 10: Sammeln von Pflanzenmaterial im Feld.

Neben Sedimenten und Pflanzenmaterial wurden auch rezente Dungproben von Pflanzenfressern gesammelt. Dung enthält Pollen und Phytolithe der Pflanzen, die von Kamelen und Ziegen gefressen werden. Außerdem leben viele spezifische koprophile Pilze auf solchem Dung und produzieren eindeutige Sporen. Die Kenntnis über diese Sporen und die Pollenkörner der Weideunkräuter sowie deren Entdeckung in alten Sedimenten ermöglichen die Identifizierung von Tierhaltung in der Vergangenheit. Mit geeigneten Archiven können wir daher nicht nur die damalige Vegetation und das Klima rekonstruieren, sondern auch die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt.

Nach der Analyse der diesjährigen Testproben und der Identifizierung geeigneter Sedimentarchive planen wir, im Frühjahr 2022 tiefe Bohrungen oder Ausgrabungen an ausgewählten Standorten vorzunehmen, um die Klima- und Landschaftsveränderungen um Al-Khashbah in mindestens den letzten 5000 Jahren zu rekonstruieren.

Weitere Aktivitäten im September und Oktober 2021 umfassten die Fertigung und Montage einer neuen Umwälzflotationsmaschine zur Aufbereitung von Bodenproben, die vom UmWeltWandel-Team gesammelt wurden, um Holzkohle für die Analyse zu gewinnen. Die alte Flotationsmaschine, die bei früheren Ausgrabungen in Al-Khashbah verwendet wurde, wurde durch eine stabilere Konstruktion ersetzt (Abbildung 11). Die Probenbearbeitung begann am 6. Oktober und wurde von Lucas Proctor von der Universität Frankfurt durchgeführt. In der ersten Kampagne wurden zehn Proben verarbeitet. Diese stammen aus der Verfüllung eines großen Grabens (Gebäude I) nach dessen Auflassung sowie aus nicht-archäologischen Ablagerungen des Wadis und den zugehörigen Sondagen (KS2–KS5). Der Ertrag aus diesen Proben war vernachlässigbar, obwohl alle Mikroreste von Holzkohle und viele Gastropoden enthielten, die der Malakologin des Projekts zur Analyse übergeben wurden.

Abbildung 11: Bau der neuen Flotationsmaschine.

Im Frühjahr 2022 wurde die Rekonstruktion der holozänen Schwemmebene fortgesetzt. Zu diesem Zweck wurde der weiter entfernt liegende Teil der Schwemmebene des Wadi Samad und des Wadi Shuway’i untersucht, um Sedimentablagerungen oder feinkörnige ufernahe Sedimente zu finden. Ufernahe Ablagerungen sind geeignet, um die ehemalige Ausdehnung der Wadi Samad-Wadi Shuway'i-Schwemmebene sowie damalige Abschwemmung oder Verlagerung der Hauptarme zu erkennen. Darüber hinaus können diese Sedimente Biomarker, wie Holzkohle, Pollen und Schnecken, enthalten.

Abbildung 12: Lage der Sondagen 2021 und 2022.

Insgesamt wurden zehn Sondagen (von 50 cm bis 4 m Tiefe) mit fluvialem Bezug angelegt, beschrieben und beprobt (KS30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 57, 59). Innerhalb der Sondagen wurden mehrere Hinweise auf frühere feuchte Bedingungen gefunden, wie zum Beispiel:

- Paläoböden (KS34),

- hydromorphe Merkmale (KS30, 32, 37 (Abbildung 13)),

- Calcrete-Ablagerungen (KS30, 32, 33, 36, 37),

- Waditäler mit hohem Geschiebeanteil (KS31, 32, 57, 36).

Um die Entwicklung des Wadi Samad und des Wadi Shuway’i besser zu verstehen und um die Beschaffenheit der Sedimente, ihren Ursprung und die Prozesse nach der Ablagerung besser beschreiben zu können, wurden Bodenproben genommen. Altersbestimmungen stützten sich auf Schnecken sowie Proben für die OSL- und die Beryllium-Datierung, die an der Oberfläche der alten alluvialen Schichten und innerhalb der alluvialen Ablagerungen gesammelt wurden.

Abbildung 13: Ansicht des Profils von KS37 mit Belegen früherer feuchter Bedingungen oder Flussdynamiken.

KS38 (Abbildung 14) ist eine Sondage, die sich in einem kleinen Einbruchsbecken befindet, das von Hügeln aus magmatischem Gestein umgeben ist. Dieses kleine Becken hat das Potenzial, lokale Umweltveränderungen in Al-Khashbah aufzeichnen, da es einen kleinen Auffangbereich hat und von der alluvialen Ebene des Wadi Samad und des Wadi Shuway’i getrennt ist. Das Becken hat an seiner Ostseite einen deutlichen Abfluss, der die Bildung von Salzkrusten verhindert. Zur Beobachtung und Analyse der Ablagerungsphasen im Becken wurde eine 3,50 m tiefe Sondage angelegt. Es wurden verschiedene Proben genommen, um das Füllmaterial besser zu verstehen; auch Pollenanalysen werden durchgeführt.

Abbildung 14: Luftbild von KS38.

Auf der Südseite des frühbronzezeitlichen Turms Gebäude XI wurde eine große Sondage angelegt und darin zwei bronzezeitliche Gräben, KS52 und KS53, freilegt (Abbildungen 15 und 16). Um die Funktion der Gräben, die Böden, in die sie eingetieft wurden, den Zeitpunkt der Aufgabe und die Prozesse, die zur Verfüllung beider Strukturen führten, besser zu verstehen, wurden sieben Arten von Proben gesammelt. Für die Datierung wurden OSL-Proben und Proben für die Radiokarbonmethode (Holzkohle, Schnecken, Ausfällung von Calciumcarbonat, gesamter organischer Kohlenstoff) entnommen. Um die Sedimentablagerungen und Bodenbildung besser zu verstehen, wurden Massensedimentproben (zur Korngrößenbestimmung und für geochemische Analysen) sowie mikromorphologische Proben (zur mikroskopischen Analyse der Bodenprozesse) gesammelt.

Abbildung 15: Innerer Graben (KS52) und äußerer Graben (KS53) sowie die Lage der genommenen OSL- und mikromorphologischen Proben.

Abbildung 16: Äußerer Graben (KS53).

Im Bereich des frühbronzezeitlichen Turms Gebäude VII wurden zwei Sondagen angelegt (KS54 und KS55). In beiden wurden feinkörnige Sedimente und Bodenbildung mit viel Durchwurzelung sowie Holzkohle beobachtet. Mindestens eine Schicht wurde als Paläosol (klimatisch bedingt?) identifiziert und zwei Schichten gehören zu alten Gärten. Für die Datierung wurden OSL-Proben und Proben für die Radiokarbonmethode entnommen. Um Sedimentablagerungen und Bodenbildung besser zu verstehen, wurden Massensedimentproben sowie mikromorphologische Proben gesammelt.

Im Teilprojekt Archäobotanik umfassten die 2022 durchgeführten Geländearbeiten innerhalb des Verbundprojektes UmWeltWandel drei Hauptaktivitäten: 1) Fortsetzung der qualitativen Erhebung der rezenten Vegetation in der Nähe des Dorfes Al-Khashbah; 2) Sammlung von Massensedimentproben aus den geomorphologischen Sondagen sowie Weiterbearbeitung in Form von Flotation und Trockensiebung zur Unterstützung der archäobotanischen und archäomalakologischen Untersuchungen im UmWeltWandel-Projekt und 3) gezielte Ausgrabungen und Sammlung von Holzkohleproben aus möglichen Feuerstellen, die zuvor durch den Al-Mudhaybi-Survey entdeckt wurden.

Bei der Vegetationsaufnahme wurde darauf geachtet, die Bestimmung von Pflanzenarten, die an den Rändern des Wadi Samad gefunden wurden, zu erweitern und zu verfeinern. Mehrere Bestimmungen aus der Kampagne 2021 wurden spezifiziert, darunter Acacia ehrenbergiana und Lycium shawii, da diese Arten im Februar-März blühen. Eine geplante systematische Untersuchung von Baumarten entlang eines Ost-West-Profils im Wadi Samad wurde begonnen und soll 2023 fortgesetzt werden. Diese Untersuchung soll auch morphometrische Messungen, hauptsächlich von Acacia tortilis, umfassen einschließlich Kronenhöhe und -fläche, Stammdurchmesser und primärem Astdurchmesser (Abbildung 17). In Verbindung mit der gezielten Sammlung von Holzproben werden diese Messungen Aufschluss darüber geben, wie die Variabilität in der Holzanatomie durch die Wachstumsgeschichte beeinflusst wird.

Abbildung 17: Messen der Acacia tortilis-Astbreite.

In Weiterführung der ersten Kampagne im Herbst 2021 wurden außerdem Massensedimentproben mit einer Größe von 5–15 l aus ausgewählten stratigraphischen Schichten in acht Sondagen, die das UmWeltWandel-Team während der Geländearbeiten 2022 angelegt hat, gesammelt (Abbildung 18). Massensedimentproben aus nicht-anthropogenen Kontexten, in denen es unwahrscheinlich ist, dass sich Holzkohle und Samen abgelagert haben, wurden gesiebt mit dem Ziel, Schneckenschalen zu finden, die groß genug für die Analysen sind. Dazu gehören Proben aus Schichten in KS30, KS32, KS34 und KS38, in denen größere Mengen an Schneckenschalen beobachtet wurden. Beim Sieben wurde eine Maschenweite von 4–5 mm benutzt. Das Sammeln von Schnecken aus Massensedimentproben ist notwendig, um statistisch aussagekräftige Zahlen zur Häufigkeit von Schnecken zu gewinnen, die Aufschluss über den Grad der Vegetationsbedeckung und Verschattung in der Vergangenheit geben kann. Insgesamt wurden 50 Eimer oder >240 l Sediment bearbeitet, womit Holzkohle und Schneckenschalen für die Laboranalysen in Deutschland gewonnen wurden (Abbildungen 18 und 19).

Abbildung 18: Sammlung von Massensedimentproben aus KS54 für die Flotation.

Abbildung 19: Flotieren von Massensedimentproben im Grabungshaus.

Schließlich wurden kleine Ausgrabungen an zwei Fundplätzen, LZQ1 (Abbildung 20) und MTL2 (Abbildung 21), in der Nähe der Dörfer Lizq beziehungsweise Al-Mutayla durchgeführt mit dem Ziel, Holzkohle aus neolithischen in situ-Feuerstellen aus Stein zu finden. Die beiden Fundorte wurden in Absprache mit dem Al-Mudhaybi-Surveyprojekt von Stephanie Döpper von der Universität Frankfurt als wahrscheinliche Standorte für mögliche erhaltene neolithische Feuerstellen ausgewählt, basierend auf ihrer Form und diagnostischen Oberflächenfunden. Die Ausgrabung von LZQ1 bestand aus einem 1 x 2 m großen Testschnitt, der die ausgewählte Installation in O-W-Richtung halbierte. Die Ausgrabungen wurden bis zu einer Tiefe von ca. 10 cm vorgenommen, es wurden aber keine intakten Strukturen unter der Oberfläche, wenige Artefakte und keine Holzkohle gefunden. Die Ausgrabungen in MTL2 bestanden ebenfalls aus einem 1 x 2 m großen, O-W ausgerichtetem Testschnitt, der sich direkt am Eingang einer 2 m breiten, „C“-förmigen Struktur, die Parallelen zu wahrscheinlich neolithischen Strukturen besitzt, die an anderen Orten in der Region gefunden wurden, befindet. Dieser Bereich weist kleine (20 x 20 cm), unregelmäßig angeordnete Steinhaufen auf, die an eine Feuerstelle erinnern. Bei den Ausgrabungen stellte sich jedoch heraus, dass diese Haufen nur auf Fluglöss an der Oberfläche sitzen ohne Anzeichen auf eine erhaltene Oberfläche oder Feuerstelle. Es wurde keine Holzkohle gefunden und die Ausgrabungen an dieser Stelle eingestellt.

Abbildung 20: Mögliche Feuerstelle in LZQ 1 vor den Ausgrabungen.

Abbildung 21: Steininstallation in MTL2 vor den Ausgrabungen.

2022 wurden an verschiedenen Orten Pollenfallen aufgestellt, um das gegenwärtige Pollenvorkommen und den Pollenflug in der Gegend um Al-Khashbah zu verstehen (Abbildung 22). Diese sind mit Glyzerin gefüllt, das verhindert, dass vom Wind hereingetragenes Pollenmaterial durch Niederschläge wieder ausgewaschen wird. Die Pollenfallen sollen im Rahmen der Geländearbeiten im Jahr 2023 eingesammelt werden und das Pollenvorkommen über ein ganzes Jahr darstellen. Darüber hinaus wurden Oberflächenproben aus verschiedenen derzeit wasserführenden Seen in der Region entnommen. Wir hoffen, dass uns diese Proben auch einen Überblick über heute vorkommende Pollen geben, um das Pollenvorkommen während der Bronzezeit anhand möglicher Abweichungen in der Pollenzusammensetzung in den Sedimentarchiven besser abschätzen zu können. Etwa 50 zusätzliche Pflanzenproben wurden vor Ort gesammelt, um die Pollenreferenzsammlung weiter auszubauen.

Abbildung 22: Installation von Pollenfallen am Grabungshaus in Al-Khashbah.

Neben der Beprobung der bereits erwähnten Sondagen (KS30, 32, 37, 38, 54 und 55) und Gräben (KS52 und 53) wurde die Geländearbeit auf andere Bereiche ausgeweitet. Im zentralen Teil des Al-Hajar-Gebirges, unweit von Sint, befinden sich mehrere mit Sediment gefüllte Dolinen dicht nebeneinander. Die größte wird gemeinhin als Sint-Polje bezeichnet. Dort konnte im Untersuchungsgebiet einer Arbeitsgruppe der Universität Brünn in Tschechien weiteres Sedimentmaterial in mehreren Profilen erbohrt werden (Abbildung 23). Sollten wir in diesen Proben eine vielversprechende Anzahl an Pollenkörnern finden, ist eine mögliche Zusammenarbeit im Hinblick auf palynologische Untersuchungen in Sint Polje geplant. Ein weiteres Probennahmegebiet waren die Sharqiyah Sands östlich von Al-Khashbah. Dort wurden Proben von Stellen mit Kalkablagerungen entnommen, die ehemalige Hochwasserspiegel in der Wüste anzeigen (Abbildung 25). Damit ist es vielleicht möglich, Orte zu lokalisieren, an denen es früher stehende Gewässer gab und sich dadurch Pollen gut erhalten haben.

Außerdem wurden Lehmziegel (KS43–50) als mögliche Archive für Pollen und Phytolithen beprobt.

Abbildung 23: Bohrungen in Sint-Polje.

Abbildung 24: Kalkablagerungen in den Sharqiyah Sands.

Bezüglich des Teilprojektes Malakologie dienten die Geländearbeiten 2022 hauptsächlich der Einarbeitung in das Gelände und die heutigen Umweltbedingungen. Land- und Wasserschnecken wurden an verschiedenen Fundplätzen (rezent und alt) gesammelt. Wir haben auch untersucht, wo und unter welchen Bedingungen lebende Schnecken zu finden sind, um Rückschlüsse auf deren Lebensbedingungen in der Vergangenheit zu ziehen. Einige Wasserschnecken wurden lebend im Falaj gefunden, während Landschnecken trotz intensiver Suche nicht lebend gefunden wurden.

Die ersten rezenten im Feld geborgenen Schnecken wurden bereits als Vergleichsmaterial zur Überprüfung diagenetischer Alterung eingesetzt. Dazu wurden die Schnecken gereinigt und mit einem Mörser zerkleinert. Anschließend wurden an ihnen XRD-, IRMS-, ICP-OES- und Raman-Analysen durchgeführt.

Neben den Schnecken wurde auch an verschiedenen Orten gefundener Calcrete mittels IRMS analysiert. Aus den Isotopendaten lassen sich hoffentlich die klimatischen Bedingungen rekonstruieren, die während des Ablagerns geherrscht haben. Neben Calcrete wurde auch Travertin gefunden und beprobt, das nun mittels U/Th-Analyse an der Universität Mainz datiert werden soll und damit auch zur Klimarekonstruktion beitragen wird. Dazu wurden drei große Gesteinsbrocken aus dem Travertin geschnitten und gut verpackt, damit die ursprüngliche Schichtung erhalten bleibt, da diese für die Ablagerungsgeschichte wichtig ist.

Ein weiteres Experiment wurde begonnen: Zwei Temperaturlogger wurden an unterschiedlichen Stellen unter Wasser platziert. Diese zeichnen alle zwei Stunden die aktuelle Wassertemperatur auf, sodass bei einer Jahresauslesung (Feldkampagne 2023) der exakte Temperaturverlauf des Wassers über ein Jahr erfasst wird. Das ist sinnvoll, weil man dann nach dem Aktualismusprinzip das damalige Klima mit heute vergleichen und testen kann, ob die Schalen, die hauptsächlich zur Berechnung der Temperatur dienen, ein halbwegs aussagekräftiges Signal aufgenommen haben. Außerdem wird an den Standorten der Logger alle 3 Tage eine Wasserprobe entnommen, die dann am Max-Planck-Institut für Chemie auf δ18O untersucht wird. Ziel ist es zu prüfen, wie stabil das Isotop des Wassers ist, also wie sich die Temperatur über das Jahr verändert und wie sich Niederschläge darauf auswirken.

Außerdem wurden zwei Temperatur- und Feuchtigkeitslogger aufgestellt. Wie die Wassertracker messen sie alle zwei Stunden T und Feuchtigkeit, damit berechnet werden kann, wie oft im Jahr die Bedingungen für Landschnecken günstig sind (T-Bereich: 17–32 ° C plus Feuchtigkeit zwischen 75–95 %), um ihre Schalen auszubilden. Auch hier wird das Aktualismusprinzip angewandt.

Abbildung 25: Travertin mit Lage der Probennahmestellen.


Geländearbeiten – Kampagne 2023:

Die letzte Kampagne fand vom 7. Januar bis 17. April 2023 statt. Dabei wurden weitere Sediment-, Gesteins-, Holzkohle-, Schnecken-, Pflanzen-, Pollen- und Wasserproben für die Laboranalysen in Deutschland gesammelt. Zum Team gehörten Lucas Proctor, Katharina Schmitt, Conrad Schmidt, Tara Beuzen-Waller, Dana Pietsch, Antonia Reinhardt, Madita Walter, Viktor Kurz, Nico Rogalski, Justus Schünemann, Jonathan Behling and Jakez Moreau.

Für zusätzliche stratigraphische Untersuchungen und zur Entnahme weiterer Bodenproben wurden vier Sondagen aus den Jahren 2021 und 2022 erneut geöffnet: KS3, KS5, KS53 und KS54. Darüber hinaus wurden vier neue Schnitte im Umfeld bekannter archäologischer Strukturen angelegt: KS76 (südlich der Gebäude I, VII, VIII and IX), KS77 (in der Nähe von Gebäude II), KT10 (in der Nähe von Gebäude II), KT11 (in der Nähe des Qabrayn-Turms).

Drei Gebiete wurden untersucht und kartiert, um antike und moderne fluviale Sedimentabfolgen zu lokalisieren und zu beschreiben. Dazu gehören die unmittelbare Umgebung von Al-Khashbah, der Ostrand des Wadi Samad und Safrat Al-Khashbah (Abbildung 26).

Schließlich war ein Großteil der Kampagne 2023 der Vervollständigung der Altersbestimmung der fluvialen Sedimentablagerungen und Bodenbildung rund um Al-Khashbah gewidmet. Zwanzig bereits zuvor ausgegrabene Fundplätze wurden erneut geöffnet, um zusätzliche OSL-Proben zu entnehmen, während weitere zwanzig Proben aus den genannten Gebieten stammen, die dieses Jahr zum ersten Mal untersucht wurden.

Abbildung 26: Lage der drei Gebiete, in denen 2023 detaillierte geomorphologische Kartierungen vorgenommen wurden.

Zum Zwecke geochemischer Analysen wurden Schnecken aus den Profilen entnommen. Hierzu wurden die Profile auf das Vorhandensein von gut erhaltenem Material untersucht. Die ausgewählten Schnecken wurden in den Profilzeichnungen vermerkt und für die spätere Beprobung in Deutschland sicher in Eppendorf-Reaktionsgefäßen verpackt. Es wurden rezente Exemplare der Art M. tuberculata gefunden, aber keine rezenten Exemplare von Zootecus insularis. Insgesamt wurden 38 Schnecken gesammelt. Um ein zusätzliches Klimaarchiv zu erstellen, wurden auch Muscheln beprobt. Hierzu wurden aus den aus den Ausgrabungen 2015 bis 2019 in Al-Khashbah stammenden Schalen verschiedene Exemplare ausgewählt, wobei den größten Fragmenten zusammen mit zwei vollständig erhaltenen Muscheln der Vorzug gegeben wurde. Der Großteil der Muscheln sind Pectinida. Zusätzlich wurde an den Stränden von Sifa und Qurum rezentes Material möglichst vieler Arten gesammelt.

2022 wurden vier Tracker an verschiedenen Stellen platziert, um verschiedene Umweltsignale zu erfassen. Einer der Tracker, der alle zwei Stunden Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit aufzeichnete (Abbildung 27), lag etwa zehn Zentimeter unter der Oberfläche. Ein weiterer Tracker, der die gleichen Parameter maß, wurde an einem Baum über dem vergrabenen Tracker befestigt. Die verbleibenden zwei Tracker, die nur die Temperatur maßen (ebenfalls alle zwei Stunden), wurden in einem 19 m tiefen Brunnen und an einem Zugangspunkt zum Falaj von Al-Khashbah platziert. Nach einem Jahr wurden die Tracker geborgen, um die Daten zu analysieren.

Im Laufe des vergangenen Jahres wurden in Al-Khashbah regelmäßig Wasserproben genommen, wobei an jedem Ort jeden dritten Tag eine Probe entnommen wurde. Darüber hinaus wurden Einzelproben aus verschiedenen Gewässern wie Aflāj, Wadis und dem Meer gesammelt. Insgesamt wurden mehr als 140 Wasserproben genommen.

Darüber hinaus wurden Sedimentproben für RFA-Analysen gesammelt, um die Bodenverschmutzung in der Vergangenheit zu untersuchen.

Abbildung 27: Von den Trackern aufgezeichnete Temperaturen.

Während der Kampagne 2023 wurden drei potenziell vielversprechende Standorte (KS3, KS5 und KS54) erneut beprobt, um mehr Sedimente für die Pollen-, Mikro- und Makrokohleanalysen zu gewinnen. Zwei neue Sondagen, KS76 (0–260 cm) und KS77 (0–150 cm), in der Nähe bekannter archäologischer Strukturen in Al-Khashbah wurden ebenfalls beprobt.

Das Hauptaugenmerk dieser Kampagne lag jedoch auf der Dokumentation und Beschreibung der rezenten Vegetation. Es wurden mehrere Ansätze verfolgt, um einen ganzheitlichen Überblick über die moderne Pollenflora und den Pollenregen in der Region zu gewinnen und diese als Grundlage für die Abschätzung des Polleneintrags und die Interpretation der Pollenkonzentrationen in der Bronzezeit zu nutzen. An vierzehn alten und neuen Standorten (AK, AS1, OS, WSR) wurden Oberflächenproben gesammelt und qualitative Vegetationsuntersuchungen durchgeführt, um einen Eindruck vom modernen Polleneintrag zu gewinnen. Ein weiteres wertvolles Hilfsmittel zur Nachverfolgung des Pollentransports und -eintrags über ein ganzes Jahr hinweg sind die Pollenfallen. Während der Geländearbeiten im Jahr 2022 wurden mehrere Pollenfallen an verschiedenen Stellen innerhalb des Untersuchungsgebiets aufgestellt (Abbildung 22). Von diesen wurden nach einem Jahr fünfzehn von insgesamt achtzehn Fallen wieder unbeschädigt vorgefunden und für weitere Analysen in Deutschland geborgen.

Die umfangreichste Aufgabe bestand darin, weitere Pflanzenproben aus verschiedenen Habitaten (Wadis, Oasen, Berge, Küste, Wüste) zu sammeln, um die Pollenreferenzsammlung zu erweitern (Abbildung 28). Insgesamt wurden über 130 zusätzliche Pflanzenproben genommen. Derzeit umfasst die neu aufgebaute Pollenreferenzsammlung für den Oman mehr als 400 verschiedene Pollenarten.

Abbildung 28: Nerium oleander in der Nähe des neuen Fundplatzes AS1.

2023 wurde das Programm zur Aufnahme und Beprobung moderner lokaler Vegetation in der Umgebung von Al-Khashbah fortgesetzt. Für das Teilprojekt Archäobotanik umfasste dies das Sammeln weiterer Holzproben verschiedener Baumarten (Abbildung 17) und die experimentelle Verbrennung von Proben zur Herstellung von Holzkohle zu Referenzzwecken. Diese Arbeiten bauten auf den in den Kampagnen 2021 und 2022 durchgeführten Untersuchungen auf und haben zur Erstellung eines Referenzdatensatzes der am häufigsten in der südlichen Hajar-Gebirgsregion vorkommenden Baumarten geführt, der für die laufenden Analysen der Holzkohle aus den Ausgrabungen verwendet werden soll.

Im Verlauf der Kampagne wurden auch weitere Holzkohleproben für die anthrakologischen und karpologischen Laboranalysen gesammelt. Sedimentproben wurden vor Ort mithilfe eines Wasserrecycling-Flotationssystems flotiert (Abbildung 19), während Holzkohleproben von Hand gesammelt oder ausgesiebt wurden. Die Proben stammen aus verschiedenen Kontexten innerhalb des Untersuchungsgebiets. Die Flotations- und einige der Holzkohleproben kommen aus geomorphologischen Sondagen und Profilen, die im Rahmen des UmWeltWandel-Projekts mit dem vorrangigen Ziel angelegt wurden, eine Reihe von Radiokarbondaten für die Erstellung hochauflösender Alters-Tiefen-Modelle zu gewinnen (Abbildung 18). Außerdem wurden mehrere reiche Vorkommen von Holzkohle aus den Ausgrabungen einer nahegelegenen neolithischen Fundstätte, KHS-A (Abbildung 29), beprobt, die, wenn sie mit den Proben aus der Bronzezeit und späteren Perioden aus Al-Khashbah verglichen werden, zu einem umfassenden, diachronen Datensatz zur Nachvollziehung der Vegetationsveränderung im Verlauf des Holozäns führen werden.

Abbildung 29: Ausgrabungen neolithischer Strukturen auf einer Terrasse nördlich von Al-Khashbah.