Die verlassenen Lehmziegelsiedlungen des Zentraloman - Zwischen Verklärung und Vernachlässigung
Viele Städte im Zentraloman weisen in ihrem Zentrum eine seit den 1970er Jahren im Zuge von Modernisierungsprozessen verlassene Lehmziegelsiedlung auf. In jüngerer Zeit stehen die Lehmziegelsiedlungen im Zentrum konfliktiver Deutungsprozesse. Wissenschaftler und nationale Institutionen warnen vor dem Verfall dieses einzigartigen kulturellen Erbes; die lokale Bevölkerung hat an einer aktiven Nutzung eher geringes Interesse, will die Siedlungen aber auch nicht aufgeben. Die verlassenen Siedlungen sind damit zwar bauliche Vergangenheit, ragen aber deutlich wahrnehmbar und zugleich umstritten in Gegenwart und Zukunft.
Vor diesem Hintergrund zielt das Forschungsprojekt darauf ab, in einer interdisziplinären Forschergruppe bestehend aus Archäologie (Dr. Stephanie Döpper und Irini Biezeveld, Goethe-Universität Frankfurt), Kultursoziologie (PD Dr. Thomas Schmidt-Lux und Josephine Kanditt, Universität Leipzig) und Islamwissenschaft (Dr. Birgit Mershen, Ruhr-Universität Bochum) die soziale Relevanz der verlassenen Lehmziegelsiedlungen verstehbar zu machen. Hierfür soll die materielle Kultur, die Akteure und Praktiken und die Deutungen und Codierungen der verlassenen Siedlungen untersucht werden. Methodisch wird dies über Kartierungen der Siedlungen mit Artefaktsammlung, ethnografische Studien sowie wissenssoziologische Diskursanalysen bearbeitet.