Der Fundort Al-Ayn

Al-Ayn

Al-Ayn liegt rund 20 km von Bāt in östlicher Richtung entfernt am Wadi Al-Ayn. Die Grabgruppe befindet sich auf der Westseite des Wadis gegenüber dem modernen Dorf Al-Ayn auf 630 m über Meereshöhe. Auffälligste Landmarke in der Umgebung ist der 2000 m hohe Jebel Mishd, der sich nur 5 km nordöstlich von Al-Ayn steil emporhebt. Erstmals machten de Cardi, Collier und Doe mit der Veröffentlichung einer ihrer Surveys in der Umgebung von Amlah aus den Jahren 1974 und 1975 auf den Fundort aufmerksam. Sie beschrieben 21 gut erhaltene Bienenkorbgräber. Von 2010 bis 2014 fanden archäologische Untersuchungen der Universität Tübingen unter der Leitung von Dr. Conrad Schmidt statt. Hauptinteresse des Forschungsvorhabens der Universität Tübingen war es, die Bestattungssitten und baugeschichtliche Entwicklung ausgewählter Gräber in der Nekropole von Al-Ayn zu untersuchen. Die Hafit-zeitliche (3100–2700 v. Chr.) Nekropole von Al-Ayn ist maßgeblich durch eine Aneinanderreihung von 19, in der Mehrzahl gut erhaltenen Gräbern geprägt, die auf einem Felsgrat hoch über dem Wadi sitzen. Außer dieser Hauptgruppe gibt es weitere 12 Gräber, die sich teils in unmittelbarer Nähe, teils weiter westlich am Berghang befinden, aber meist von wesentlich schlechterem Zustand sind. Hafit-Gräber sind oberirdische Grabanlagen aus Stein, die eine bienenkorbförmige oder kegelstumpfförmige Gestalt aufweisen. Sie besitzen eine einzige Grabkammer.

Höhenplan von Al-Ayn mit den 19 Gräbern der Hauptgruppe im Zentrum.


Die Nekropole von Al-Ayn mit Markierung der beiden untersuchten Gräber 6 und 7.

Grab 6

Grab 6 wurde 2010 archäologisch untersucht. Es ist ein typisches, bienenkorbförmiges Grab der Hafit-Zeit (3100–2700 v. Chr.) mit einem Außendurchmesser von 5,75 m. Das Grab wurde in mehreren Abschnitten direkt auf dem gewachsenen Felsen erbaut. Es besteht aus zwei sich berührenden Mauerringen. An der Innenseite kragt die Mauer vor, sodass der Ansatz eines falschen Gewölbes entsteht, welches das Grab ehemals überdachte. Das Grab ist über einen kleinen, dreieckigen Eingang zugänglich. Die Grabkammer des Grabes 6, welche einen Durchmesser von 2,20 m besitzt, war zu Beginn der Ausgrabungen mit bis zu 40 cm starken Ablagerungen verfüllt. Den einzigen Fund aus der Grabkammer stellt eine große, 8,6 cm lange Kupfernadel mit rechteckigem Schaft dar, die direkt auf dem Felsboden lag. Bei den Ausgrabungen des Schuttkegels außerhalb des Grabes wurde des Weiteren in der Nähe des Türdurchgangs eine Jemdet Nasr-Keramikscherbe gefunden. Jemdet Nasr-Keramik wurde zur gleichnamigen Zeit von Südmesopotamien auf die Omanische Halbinsel exportiert und hier schon mehrfach in Gräbern der Hafit-Zeit entdeckt.

Das Grab 6 vor den Ausgrabungen (links) und sogenannte "Jemdet Nasr"-Keramik aus dem Eingang (rechts).


Grab 7

Grab 7, das 2011 archäologisch untersucht wurde, befindet sich nordwestlich des Grabes 6. Im Gegensatz zu Grab 6 besitzt das gut erhaltene Grab 7 nur eine Mauer. Es hat einen Durchmesser von 3,90 m und ist maximal 2,77 m hoch erhalten. Der dreieckige Eingang des Grabes ist nach Süden ausgerichtet. In ihm befinden sich noch Teile der originalen Zusetzung aus großen, sauber aufeinandergeschichteten Steinen. Im Nordosten der Außenmauer gibt es eine Stelle mit verrutschten Steinen, die möglicherweise auf ein Raubloch oder einen später eingebrachten Zugang in der Wand zurückzuführen ist. Die Verfüllung des Innenraums des Grabes 7 stand zu Beginn der Ausgrabungen bis zu 50 cm hoch an. Die darin gefundene Keramik datiert ausschließlich eisenzeitlich, also in das 1. Jahrtausend v. Chr.. Außerdem wurden eine Meeresmuschel, ein offener Ring aus einem Kupferblechstreifen mit zwei abgerundeten Enden, ein Fragment eines unverzierten Kupferbleches und Steinperlen verschiedener Form geborgen. Die Funde belegen eindeutig, dass das Grab mehrere tausend Jahre nach seiner Errichtung wieder zu Bestattungen genutzt wurde.

Das Grab 7 nach den Ausgrabungen.