Der Al-Mudhaybi-Survey

Al-Mudhaybi-Survey

Das 3. Jahrtausend v. Chr. (frühe Bronzezeit) im Oman ist eine Periode fundamentaler Veränderungen in der Entwicklung der sozialen Komplexität, in der Nutzung neuer Ressourcen sowie in der Lebensweise der Menschen damals. Fundorte mit monumentalen Rundbauten aus dieser Zeit, sogenannte Türme, wie beispielsweise Al-Khashbah, wurden in den letzten Jahrzehnten intensiv untersucht und gelten als Zentren der Kulturen der frühen Bronzezeit in der Region. Gegenwärtige Theorien zu Siedlungshierarchien sind jedoch unzureichend und bedürfen einer besseren Datengrundlage. Insbesondere über kleinere Fundorte ohne monumentale Bauwerke im Hinterland ist äußerst wenig bekannt.

Surveygebiet mit der modernen Stadt Al-Mudhaybi und den beiden bronzezeitlichen Fundorten Al-Khashbah und Fath.

Mit dem Al-Mudhaybi Survey soll in einem etwa 22 x 22 km großen Gebiet um die moderne Stadt Al-Mudhaybi, in dem auch die beiden bronzezeitlichen Fundorte Al-Khashbah und Fath liegen, ein Überblick über die Besiedlungsgeschichte geschaffen und die archäologischen Strukturen in diesem Bereich kartiert werden. Hierbei wird eine Kombination verschiedener Surveymethoden angewandt: Fernerkundung mit Hilfe frei verfügbarer Satellitenbilder, GIS-gestützte Landschaftsmodellierung, zielgerichtete Prospektion sowie systematische, intensive Oberflächenbegehung. Die systematische Begehung unterscheidet sich von traditionellen Surveys dadurch, dass bei der systematischen Begehung das Sammeln von Artefakten nicht auf bereits identifizierte und antizipierte Fundorte beschränkt ist, sondern ausdrücklich auch in vermeintlich leeren Bereichen zwischen den Fundorten stattfindet. Sie ist die einzige Möglichkeit, kleinere Fundorte, wie Lagerplätze mobiler Gruppen und andere Artefaktstreuungen, zu finden und damit ein repräsentatives Gesamtbild des Untersuchungsgebietes zu erzeugen, das nicht nur auf wenigen Hauptorten basiert.

Als erster Schritt wurde eine Fernerkundung anhand frei verfügbarer Satellitenbilder durchgeführt. Auf diese Weise wurden über 2300 potentielle archäologische Strukturen identifiziert. Diese wurden alle in der Kampagne 2019 vor Ort im Oman aufgesucht, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um archäologische Hinterlassenschaften handelt und falls ja, was für Arten von Strukturen (z.B. Gräber, Wohnhäuser oder Türme). Jede positiv identifizierte Struktur wurde ausführlich dokumentiert, vermessen und fotografiert. Insgesamt konnten auf diese Weise 1781 Strukturen aus der Fernerkundung verifiziert werden, 534 nicht. Hinzu kommen 2174 archäologische Strukturen, die während der Begehung vor Ort neu entdeckt und aufgenommen wurden.

Positiv und negativ identifizierte sowie neu bei der Feldbegehung gefundene archäologische Strukturen.

Bei der großen Mehrheit der gefundenen Strukturen handelt es sich um Gräber. Die meisten davon datieren in die Hafit-Zeit (3100–2700 v. Chr.). Darüber hinaus wurden einige Wadi Suq-zeitliche Gräber (2000–1600 v. Chr.)  und mehrere Gräber mit eisenzeitlichen Funden (1200–300 v. Chr.) entdeckt. Gräber aus anderen Epochen, wie beispielsweise der Umm an-Nar-Zeit (2700–2000 v. Chr.), sind selten. Die gefundenen Strukturen konzentrieren sich hauptsächlich entlang des Wadi Andams im Osten des Surveygebietes und auf verschiedene Hügelflanken in dessen Zentrum.

Verteilung der archäologischen Strukturen im Surveygebiet.

Hafit-zeitliches Grab.

In einem zweiten Schritt wurden 2020 und 2021 ein systematischer Survey durchgeführt. Hierbei werden Nord-Süd-verlaufende Bahnen, welche einen Abstand von 4 km zueinander haben, systematisch abgelaufen. Hierbei wurden drei Fundkonzentrationen entdeckt. Die erste davon stellt eine Lithikstreuung, möglicherweise einen Lagerplatz, dar. Die beiden anderen sind eisenzeitliche Siedlungen. Hier wurden große Mengen an Keramik an der Oberfläche entdeckt.

Surveybahnen.